Erbschaftsteuergesetz – drohende Verschlechterung

20. November 2022

Der Gesetzgeber plant eine Verschärfung der Regelungen im Zuge der Vererbung oder Schenkung von Immobilien. Dabei geht der Gesetzgeber (perfide wie er ist) nicht den offenen und direkten Weg über eine Gesetzesänderung. Die Verschärfung versteckt sich im Bewertungsgesetz, welches die Regeln für die Bewertung des zu übertragenden Vermögens beinhaltet.

Tendenziell werden durch die neuen Bewertungsregeln die Immobilienwerte für die Bemessungsgrundlage der zu erhebenden Steuern steigen. Bislang wurden Immobilien im Verhältnis zu anderen Vermögenswerten tendenziell niedriger bewertet. Die Freibeträge des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes bleiben dabei aber unverändert.

Der Immobilienbesitzer-Verband Haus & Grund geht davon aus, dass Wohnhäuser und Eigentumswohnungen in der steuerlichen Bewertung um 20% bis 30% höher eingestuft werden. Wenn man nun bedenkt, dass das Immobilienvermögen eben immobil ist, kann das den Bedachten in (Beschenkten oder Erben) in noch größere Liquiditätsprobleme bringen als bisher.

Immobilien werden mit Hilfe von drei unterschiedlichen Bewertungsverfahren bewertet: dem Vergleichswertverfahren, dem Sachwertverfahren und dem Ertragswertverfahren. Beim Vergleichswertverfahren wird der Wert der übertragenen Eigentumswohnung oder des Hauses aus Vergleichswerten , abgeleitet aus Verkäufen der „Nachbarschaft“ abgeleitet. Die Finanzverwaltung hat dabei über die bei jedem Verkauf anfallende Grunderwerbsteuer einen guten Überblick über stattfindende Verkäufe, zumal Notare die für eine Beurkundung zwingend hinzuzuziehen sind, die Immobilienverkäufe an die Finanzbehörde melden müssen.

Sollte es keinen entsprechenden Vergleichswert für die selbstgenutzte Immobilie geben, wird das Sachwertverfahren genutzt. Dabei wird im Grundsatz die Überlegung angestellt, wie viel es kosten würde, die Immobilie zum Zeitpunkt der Schenkung oder Erbschaft erneut zu errichten.

Dient die Immobilie der Kapitalanlage (also der Erzielung von Mieteinkünften), kommt das Ertragswertverfahren zum Einsatz. Dabei wird die Nettokaltmiete mit einem Faktor multipliziert und von diesem Wert ein fiktiver Anteil von Bewirtschaftungskosten abgezogen.

Ab dem 1. Januar 2023 sollen sich nun einige Berechnungsgrößen der o.a. Bewertungsverfahren ändern. Beim Ertragswertverfahren werden vor allem die Bewirtschaftungskosten als Abzugsgröße verkleinert, was natürlich in der Bewertung zu einem höheren Wert der Immobilie führt. Außerdem wird der Liegenschaftszinssatz (sofern kein Wert der Gutachterausschüsse vorliegt) herabgesetzt werden. Dies führt ebenfalls zu einem Anstieg des Immobilienwertes im Rahmen der Bewertung. Neu eingeführt wird ein Regionalfaktor. Zudem wird die angenommene Nutzungsdauer der Immobilien verlängert. Beide Annahmen bzw. Faktoren führen ebenfalls zu einer Erhöhung des Immobilienwertes.

Es können an dieser Stelle nicht alle Details der Immobilienbewertung dargestellt werden. Wichtig ist die Erkenntnis, dass Vererben (was in der Regel nicht geplant werden kann) aber eben auch das Verschenken von Immobilienvermögen eine höhere Steuerbelastung nach dem 1.1.2023 auslösen wird.

Derzeit ist der zu Grunde liegende Gesetzentwurf noch nicht abschließend durch den Bundestag und Bundesrat abgesegnet worden. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass dies so kommen wird.

Noch sind wenige Wochen Zeit, um die derzeit gültige Gesetzeslage zu nutzen , und Immobilien zu den derzeit günstigeren Bewertungsstandards zu übertragen. Wenn der Eigentümer der Immobilie sich noch nicht komplett entreichern möchte. kann dies zum Beispiel unter einem Nießbrauchvorbehalt geschehen. Damit werden sowohl das Nutzungsinteresse des Eigentümers wie auch das Ansinnen der Nutzung einer begünstigten Besteuerung erreicht.

Für Fragen rund um Erben und Schenken stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns für Gestaltungen in diesem Bereich gerne an.

Oliver Bartsch, LL.M. , Steuerberater

Haben Sie Fragen? Wir helfen Ihnen gerne!